Durch die Rentenerhöhung werden in 2020 rund 51.000 Rentner erstmals Steuern zahlen. Damit steigt nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums die Zahl der Rentner, die zur Steuer herangezogen werden, auf über 5 Millionen. Im Ergebnis muss jeder 4. Rentner eine Steuererklärung abgeben. Voraussetzung ist, dass die gesamten Einkünfte (neben dem steuerpflichtigen Teil der gesetzlichen Rente auch Mieteinnahmen und andere Rentenbezüge) den Grundfreibetrag von 9.400 EUR bei Einzelveranlagung bzw. 10.800 EUR bei Zusammenveranlagung übersteigen.
Dass immer mehr Rentner ihre Rente versteuern müssen, ist auch eine Folge des durch das Bundesverfassungsgericht gebotenen Übergangs von der Ertragsbesteuerung zur nachgelagerten Besteuerung der Renten. Dadurch ist der steuerpflichtige Anteil der Rente von 50 % im Jahr 2005 auf 80 % in 2020 gestiegen. Dieser steuerpflichtige Anteil wird sich weiter um jährlich ein Prozent erhöhen, bis dann die Rente ab 2040 insgesamt steuerpflichtig ist.
Zur nachgelagerten Vollbesteuerung darf es allerdings nur kommen, wenn die Beiträge in der Aufbauphase steuerlich abgezogen werden konnten, weil andernfalls eine Doppelbesteuerung vorläge. Aus diesem Grund wird im Jahr des erstmaligen Rentenbezugs der Prozentsatz für die Dauer des Rentenbezugs festgeschrieben, d.h. wer in 2020 erstmals gesetzliche Rente bezieht, muss diese auch in Zukunft nur in Höhe von 80 % versteuern.
Allerdings mehren sich die Stimmen derer, die in der Art und Weise wie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung während der Aufbauphase abgezogen werden können, für verfassungswidrig halten. Denn die Beiträge sind nur bis zu bestimmten Höchstbeträgen, also nicht in voller Höhe, abziehbar. Darin sieht der stellvertretende Vorsitzende des für die Rentenbesteuerung zuständigen X. Senats beim Bundesfinanzhof Kulosa einen evidenten Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung. Diese Auffassung hat Kulosa zumindest, so die Süddeutsche Zeitung vom 28.11.2019, in einem kürzlich erschienenen Fachdienst geäußert.
Aktuell hat der X. Senat des Bundesfinanzhofs erneut über die Frage zu entscheiden, ob es zu einer rechtswidrigen Doppelbesteuerung kommt, wenn Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung steuerlich nicht geltend gemacht werden konnten, weil der Sonderausgabenabzug aufgrund anderer Beitragszahlungen bereits ausgeschöpft war (BFH: Az X R 20/19).
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine Überprüfung des Verbots der Doppelbesteuerung erst ab dem Rentenbezug erfolgen, wenn die aus dem versteuerten Einkommen geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen die nach Maßgabe der statistischen Lebenserwartung zu erwartenden Rentenzahlungen, die nicht der Besteuerung unterliegen, übersteigen. Das Ergebnis einer dagegen gerichteten Klage dürften die meisten Rentner nicht mehr erleben. Deshalb bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof an dieser Rechtsprechung festhalten wird.
H.-Michael Korth