Die Europäische Kommission gab am 15. Februar 2023 bekannt, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof im Zusammenhang mit der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden („Whistleblower-Richtlinie“), zu verklagen. Deutschland hat diese Richtlinie bis heute nicht umgesetzt. Zuletzt scheiterte die nationale Umsetzung im Bundesrat. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Hinweisgeberinnen und -gebern geeignete Kanäle zur Verfügung zu stellen, über die sie vertraulich Verstöße gegen EU-Vorschriften melden können. Angehörige bestimmter Freier Berufe beziehungsweise deren Kammern und Verbände fallen grundsätzlich ebenfalls in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Gleichwohl sind Informationen, die unter die anwaltliche und ärztliche Verschwiegenheitspflicht fallen, explizit ausgenommen. In der aktuellen Runde der Vertragsverletzungsverfahren versandte die EU-Kommission an Deutschland zudem eine sogenannte „mit Gründen versehene Stellungnahme“, da die Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden sei. Das ist die zweite Stufe in einem höchstens dreistufigen Verfahren und schließt an ein Aufforderungsschreiben an, das bereits am 2. Dezember 2021 an Deutschland übermittelt wurde. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, um darauf zu antworten.